Der amerikanische Konsumkritiker Vance Packard brachte im Jahre 1957 das Buch "The hidden Persuiders" heraus. In Deutschland erschien es unter dem trefflichen Begriff: "Die Geheimen Verführer". Kein Student der Wirtschaftswissenschaften kam im Pflichtfach Marketing an dieser Lektüre vorbei. Auch ich musste in meinem Studium darüber referieren, obwohl viele Erkenntnisse zu diesem Zeitpunkt schon weiter gedacht waren. Das AIDA-Prinzip (heute veraltet) wurde geboren. Attention, Interest, (possessive) Desire, Action waren die Phasen des Marketings und die Basis für die Werbung.
John Walter gründete bereits 1785 den Daily Universal Register, die spätere TIMES, die erstmals 1814 als Zeitung herauskam. Sie hatte großen Einflauss, galt als seriös und konservativ. Alsbald kamen aber die Pennyzeitungen hinterher, die für meist 2, später 5 pence in riesigen Auflagen das Volk über meist Triviales oder Sensationelles unterrichteten. Die Daily Mail, der Daily Telegraph oder Morning Star. erschienen mit täglichen Ausgaben. Sie kosteten wenig und finanzierten sich erstmals auch durch Werbeanzeigen. Die Printwerbung war geboren.
Rasch entwickelten sich Fotografie und sogar bewegte Bilder, die mittels einer Laterna Magica zum Leben erweckt wurden. Wie technische Innovationen auch immer daraufhin untersucht wurden und werden, ob sie nicht auch für die militärische Nutzung geeignet waren, so wurden diese audio-visuellen Medien immer auf ihre Tauglichkeit für die Konsumförderung durch Werbung begutachtet.
Die in einem Columbo-Krimi einmal thematisierte subliminale Beeinflussung durch kaum wahrnehmbare Werbespots in Kinos zur Steigerung des Popcornverzehrs erwies sich jedoch als Mythos. Das heißt lange nicht, dass die von James M. Vicary entwickelte Methode der unterschwelligen Beeinflussung Humbug gewesen wäre. Die Methode ist wirklich anwendbar und beim Erlernen von Fremdsprachen werden Bilder über das Unterbewusstsein mit einer bestimmten Situation assoziiert.
Ernst Theodor Amandus Litfass war ein Berliner Druckereibesitzer, der eine geniale Idee hatte, Nachrichten auf Plakaten zu verbreiten. 1854 erhielt er die Genehmigung in Berlin 100 Annonciersäulen am Straßenrand und auf Plätzen aufzustellen. Zunächst durften nur Nachrichten verbreitet werden. Später vermietete Litfass die Werbeflächen. Er schlug 2 Fliegen mit einer Klappe. Erst hatte er den Druckauftrag für die Plakate in der Tasche und später die Miete. Eigentlich war die Idee tatsächlich revolutionär. Da die Säulen in allen Stadtteilen aufgestellt waren, könnte er die elementaren Werbegrundsätze des Streukreises und Streugebietes gezielt bedienen. In ärmeren Stadtteilen machte es keinen Sinn, Plakate für Juwelierwaren anzukleben. (Streukreis=Personenkreis, der angesprochen werden soll) und andererseits brauchte ein Bäcker in Wilmersdorf nicht in Wannsee für seine Kuchen zu werben (Streugebiet=Gebiet in dem die Werbung gestreut werden soll). Einige Jahre nach dem Auslaufen des Werbemonopols von Lifass entstanden auch bereits die ersten großflächigen Plakatwände. Hausgiebel wurden als Werbeträger ebenso entdeckt wie Haltestellen der Tram oder gar die Tram selbst. Alles, was Fläche hatte, wurde mit Werbung zugepflastert.
Machen wir gleich einen Sprung von der Printwerbung zur Audioverführung. Viele Firmen entdeckten die neuen Medien, Radio und Fernsehen, für sich und investierten in diese Systeme Millionen. Mit ihnen war es möglich, sowohl die Produktwerbung zu forcieren als auch die Public Relations. Markenprodukte hatten etwas eigenes, eine eigene Persönlichkeit. Man vermutete einen Menschen dahinter, der sich größte Mühe gab, mit höchster Qualität ein faires Angebot bereit zu halten. Die Qualität war immer gleich auf höchstem Niveau. Der Name des Unternehmens stand meist mit seinen Gründern und Produkten in engstem Zusammenhang. Weil aber weder der Kerzenzieher William Procter (1801-1884) noch sein Partner der Seifensieder James Gamble (1803-1891) in der Vorstellungswelt der Amerikaner eine Bedeutung hatte, war es "Zeit für die Seifenoper" geworden.
Procter und Gamble nutzen bereits Anfang der Dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts die technischen Errungenschaften des Radios und produzierten "Weekly Soaps" für die amerikanischen Hausfrauen. Das waren kurze Episoden, die aufeinander aufbauten, anfangs nur 15 oder 30 Minuten lang. 1937 legte der Waschmittelkonzern die Daily Soap "Springfield-Story" auf. Von 1937 bis 1956 im Radio, danach täglich im Fernsehen erreichte sie bis zur Beendigung 2009 in 72 (!) Jahren insgesamt 15762 Folgen.
Ab den Sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts hatte das Fernsehen die ganze Welt erobert. Vom ersten Tag an entdeckte man hier das Potenzial für die Werbung. Von da an prodzuzierten alle Nationen sog. Followings, Serien, die vom Grundaufbau immer gleich blieben. "Schleichwerbung" war das Schimpfwort der Deutschen Fernsehmacher, die ihre Einnahmen in Gefahr sahen. Tatsächlich finanzierten sie ja einen Teil ihrer Produktions- oder Lizensierungskosten mit den passenden Werbespots. Da war ihnen das Product-Placement des Daimler-Benz-Konzerns zum Beispiel bei Dallas schon ein Dorn im Auge. In jedem zweiten US-Film fuhren die Protagonisten einen SL von Benz in allen Ausstattungsvariationen. BMW zog nach, andere auch. Fußballspiele wurden nicht übertragen, wenn an den Banden des Spielfeldes überregionale Werbung zu sehen war. Ich selbst musste noch in den Siebziger Jahren den Veranstalter auffordern, die Werbung an einem Billardtisch bei einer Weltmeisterschaft in Duisburg zu überkleben, weil Hans Falderbaum (WDR) unser Aufnahmeleiter seinerzeit Order aus Köln bekommen hatte. Addi Furler musste damals schlichten, sonst wäre die Übertragung ausgefallen. Heute unmöglich!
Bewegte Bilder gab es überall und markige Werbesprüche geisterten durchs Land. "Und er läuft und läuft und läuft und läuft" hallte es vom Volkswagenspot durch die Kinos und Wohnzimmer der Republik. Und vielleicht lief er noch länger, wenn du dem Spruch von Esso folgtest :"Pack den Tiger in den Tank!" Es waren aber nicht nur die Slogans, die den Verbraucher an das Produkt erinnern sollten. Viele Firmen bauten ihr Corporate Identity, das einheitliche Auftreten aus. Branchen nutzten den Behaltenswert dieses Corporate Identity wie die Gas- und Wasser-Installateure. Die gesamte Branche trug blaue Arbeitsanzüge mit einem dreifarbigen Aufnäher, der mit seinen blauen/roten/gelben Streifen Wasser/Heizung/Gas symbolisierte. Viele Warenzeichen (Trademarks) wurden in in ihrer Optik ständig auf den neuesten Stand des Zeitgeschmacks gebracht.
Jetzt werden die meisten Leser sagen: "Was geht das mich an? Mich kann man mit Werbung nicht beeinflussen!" Das ist aber ein fataler Irrtum. Dass es ohne Werbung unmöglich ist, in der heutigen Zeit ein Produkt zu platzieren, leuchtet jedem ein. Dass man aber einen Menschen "zwingen" kann, dieses Produkt zu kaufen und nicht das andere, wird sicher vehement bestritten. Hier kommt die Psychologie ins Spiel. Eitelkeit ist der gefährlichste Faktor, sein Geld aus dem Fenster zu werfen. "Sie werden sich als intelligenter Mensch in diesem Fall für Produkt A entscheiden." Na klar, denn ich bin ja intelligent, also bleibt mir nichts anderes übrig. Intelligenz ist übrigens die Eigenschaft, die auf der ganzen Welt gerecht verteilt ist. Jeder ist davon überzeugt, genug davon zu haben. Daher ist das Ansprechen auf die Intelligenz so erfolgreich. Keiner will dumm sein. Auch Ängste eignen sich hervorragend, bestimmte Produkte zu bevorzugen. "Als verantwortungsbewusster Vater liegt Ihnen die Sicherheit Ihrer Kinder doch am Herzen." Na klar bin ich verantwortungsbewusst und meinen Kindern darf nichts passieren. Haben Sie gemerkt, dass es hier nicht gut wäre, Fragen zu stellen? Wir suggerieren einfach und haben damit großen Erfolg. Zusammengefasst können wir sagen, dass wir eigentlich nicht das Produkt bewerben oder verkaufen, sondern den Rahmen und unseren Vortrag. ----- Über die Technik des Verkaufens, die mal ein Schwerpunkt in meinem Studium war, werde ich noch mal gesondert referieren.
Die Werbebranche wäre arm dran, wenn sie sich mit diesen Klassikern begnügen müsste. Heute sind es riesige technische Apparate, ganze Kolonien von Psychologen und Wissenschaftlern, die es letztlich fertig bringen, uns das Geld aus der Tasche zu locken. Wir sehen gerne leuchtend rotes Fleisch in der Theke. O.K. hier ist es! Fahlgrau in Wahrheit, aber die richtige Beleuchtung macht es. In den letzten 40 Jahren hat sich das Verbraucherverhalten dadurch sogar verändert. Die erfahrene Hausfrau und Köchin kauft heute rosarotes Rindfleisch, obwohl sie weiß, dass es abgehangen und verzehrbar eigentlich dunkel, ja fast schwarz sein müsste. Rosarot ist es zäh und wird trocken. Macht aber nix. Erstens kauft sie es jetzt nur noch dort, wo die Illumination stimmt. Läden, die normale Beleuchtung haben, bleiben auf ihrem faulen schwarzen Fleisch sitzen. Und zweitens hat es ja zu Hause ohne die Lampen die richtige Farbe.
Wir werden durch die Supermärkte geführt, wie es der Unternehmer will. Es riecht plötzlich nach frisch gebackenem Brot. Ein Geruch, der Appetit macht. Natürlich greifen wir aus dem Regel eine Backware heraus, ohne gedanklich zu überprüfen, ob unsere Vorräte zu Hause noch reichen. Musik berieselt uns, macht Stimmung. Und Farben über Farben verwirren unseren logischen Verstand. Die GfK (Gesellschaft für Konsumforschung) hat einmal 1000 Kunden eines großen Supermarktes überprüft, die einen Einkaufszettel mitführten. An bestimmten Stellen wurden Gerüche und Geräusche im Geschäft verändert. Dort, wo man den Geruch von frischem Brot Kaffee verstärkt hatte, kauften die Kunden tatsächlich deutlich mehr Brot und Kaffee ein, obwohl diese Produkte nicht auf dem Zettel standen. Überhaupt hatten sich nur 9 Prozent der Kunden an ihrem Einkaufszettel orientiert. Über 60 Prozent der Kunden kauften mehr als die doppelten Mengen und zusätzliche Produkte ein. Wie leicht es ist, zeigte ein Trick. Aus Düsen an der Decke verstäubt man den Geruch von Brot und Kaffee. Allerdings gab es dort nur Zahpasta und Waschmittel, die ihrersits einen typsichen Geruch verbreiteten. Die Mehrzahl der Kunden wechselte von dieser Abteilung zum Brot- und Kaffeeangebot, obwohl sie dafür die halbe Streckenführung im Markt zurücklaufen mussten.
Soweit erst mal.
>Man glaubt, man sei Herr seiner Entscheidungen. Mitnichten! Findige Marketingstrategen befehlen uns, was wir gut zu finden haben und was nicht. Und das ist lange nicht alles. Wir machen das, was den Profit für die bringt, die uns beherrschen. Dabei werden wir nicht zufällig ausgesucht. Oftmals wirken wir fleißig mit. Wir gehen einfach zu lasch mit unseren Daten um.
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